Einleitung – Jüdischer Friedhof Kassel

Für Begräbnisstätten gibt es im Judentum, speziell in der hebräischen Sprache, mehrere Bezeichnungen, die in der Übersetzung bedeuten:
– „Haus der Ewigkeit“
– „Ewiges Haus“
– „Haus des Lebens“
– im deutschsprachigen Raum: „Guter Ort“
Betrachtet man die Mehrzahl dieser Begriffe, so stehen sie in engem Zusammenhang mit dem Begräbnis- und Totenkult der Juden sowie deren Auferstehungsvorstellung. Der Prophet Hesekiel beschreibt in seiner Vision sehr anschaulich die Auferstehung der Menschen.
Das ewige Ruherecht der Toten, die „Nicht-Nutzung“ des Friedhofs, wie auch die Bestattung des ganzen Körpers sind unabdingbare jüdische Grundsätze, die von anderen nicht immer verstanden und respektiert werden.
Die Namenlosigkeit des Einzelnen bei der Vernichtung vieler ist ein weiteres tragisches Element; denn eine jüdische Weisheit besagt, dass der Mensch erst wirklich tot sei, dessen Name nicht mehr genannt werde. Für diese Toten als Einzelwesen kann kein Jahrzeitlicht entzündet und kein Kaddisch gesprochen werden.
Auch dieGrabinschriften verweisen auf Ruhe, Leben und Auferstehung. Die Texte werden eingeleitet durch die hebräischen Abkürzungen wie „Hier ruht“ oder „Hier ist verborgen“ und enden mit dem Segensspruch:
„Seine/Ihre Seele möge eingebunden sein im Bunde des Lebens.“
Beispiele für Formulierungen auf alten Kasseler Grabplatten:
- „Hier ruht und ist verborgen einer der Aufbewahrten, bis sie zum Leben erweckt werden.“
- „Er wurde abberufen in das himmlische Lehrhaus, und der Schöpfer brachte ihn hinauf.“
- „Durch ihre Handlungen und Lieblichkeit möge sie im Garten Eden und im Tempel des Herrn im Licht der Lebenden weilen.“
- „Er wird aufwachen aus seinem Schlaf zum ewigen Leben im Gericht der Gottesfürchtigen und Vollkommenen.“
Für die Lebenden gilt das Begräbnis – zuvor die rituelle Waschung und Einkleidung des Toten – sowie das Trauergeleit als religiöse Pflicht. Unbestattet zu bleiben, ist ein Unglück.
Leben, Tod, Ruhe, ewiges Leben, sowie Gedenken, Erinnern und Bewahren sind im Judentum eng miteinander verknüpft.
Ältere jüdische Friedhöfe in Deutschland stehen heute unter Denkmalschutz und werden aus öffentlichen Landesmitteln unterhalten. Sie sind vielfach die einzigen Lebenszeichen einstiger jüdischer Gemeinden.
Esther Haß
Introduction – The Jewish Cemetery in Kassel
In Judaism, especially in the Hebrew language, there are several terms used for burial grounds, which translate to:
– “House of Eternity”
– “Eternal House”
– “House of Life”
– in German-speaking regions: “Good Place”
Most of these terms are closely tied to Jewish burial customs and beliefs about death and resurrection. The prophet Ezekiel vividly describes the resurrection of the dead in one of his visions.
The eternal right to rest, the prohibition of reusing graves, and the burial of the entire body are core principles in Judaism. These are not always understood or respected by others.
Another tragic aspect is the loss of names during the mass exterminations of Jews. A Jewish saying teaches that a person is only truly dead when their name is no longer spoken. For these individuals, no yahrzeit candle can be lit, and no Kaddish can be recited.
The inscriptions on Jewish gravestones often refer to peace, life, and resurrection. They usually begin with phrases like “Here lies” or “Here is hidden”, and end with the traditional blessing:
“May his/her soul be bound in the bond of life.”
Examples from old gravestones in Kassel include:
- “Here lies and is hidden one of the preserved, until they are awakened to life.”
- “He was called to the heavenly house of study, and the Creator brought him up.”
- “Through her deeds and grace, may she dwell in the Garden of Eden and in the Temple of the Lord, in the light of the living.”
- “He will awaken from his sleep to eternal life in the judgment of the God-fearing and righteous.”
For the living, burial – preceded by ritual washing and dressing of the deceased – as well as accompanying the dead to their final resting place, is considered a religious duty. To remain unburied is a misfortune.
Life, death, rest, eternal life, remembrance, and preservation are deeply interconnected in Judaism.
Today, many older Jewish cemeteries in Germany are protected as historical monuments and maintained with public funding. Often, they are the only remaining traces of once-thriving Jewish communities.
Esther Hass